Kanzlei Kuhlen
AKTUELLES
Lassen sich Rückfragen der Apotheker bei Arzneimittelverordnungen minimieren? | 30.09.2019
Am 01.07.2019 ist der neue Rahmenvertrag nach § 129 Abs.2 SGB V in Kraft getreten. Durch diesem sind zwischen den Krankenkassen und den Apothekern Vorgaben festgelegt worden, welche die Abgabe preisgünstiger Arzneimittel bei Versicherten der GKV sicherstellen sollen.
Diese Neuregelungen führen leider in der Praxis häufig dazu, dass Apotheker mit dem Arzt Rücksprache halten müssen, um diesen neuen Vorgaben gerecht zu werden.
Der Spielraum, innerhalb dessen der Apotheker bei der Abgabe selbständig ein möglichst günstiges Arzneimittel zur Abgabe bringen kann, ohne dass eine Rücksprache mit dem Arzt erfolgen muss, wird durch die Einführung eines sog. „Preisankers“ nunmehr ganz erheblich durch den Arzt selbst bestimmt. Dementsprechend können häufige Rückfragen von Apothekern durch Beachtung der neuen Besonderheiten des Rahmenvertrages einfach reduziert werden.
Der Apotheker ist durch § 129 SGB V grundsätzlich zur Abgabe von preisgünstigen Arzneimitteln verpflichtet. Der neue Rahmenvertrag gibt hier eine klare Rangfolge vor, innerhalb derer die Auswahl des abzugebenden Arzneimittels gehalten werden muss:
Zunächst muss vorrangig immer ein Rabattarzneimittel abgegeben werden, wenn der Arzt nicht durch Ankreuzen des Aut-idem-Feldes festgelegt hat, dass nur das von ihm verordnete Arzneimittel verwendet werden soll.
Ist die Abgabe eines Rabattarzneimittels nicht möglich, weil es keine Rabattarzneimittel gibt oder diese aktuell nicht auf dem Markt verfügbar sind, muss ergänzend das Preisgefüge auf dem sog. „generischen Markt“ bzw. dem „importrelevanten Markt“ berücksichtigt werden.
Im Rahmen des „generischen Marktes“ muss ausgewählt werden, soweit es neben dem namentlich verordneten Arzneimittel weitere generische Arzneimittel gibt, welche die Substitutionsvorgaben des § 129 SGB V (gleicher Wirkstoff, identische Wirkstoffe, identische Packungsgröße, gleiche oder austauschbare Darreichungsform und Zulassung für mindestens ein gleiches Anwendungsgebiet) erfüllen. Der Apotheker ist insoweit verpflichtet, das verordnete Arzneimittel durch eines der vier preisgünstigsten auszutauschen.
Zusätzlich kommt hier der sog. „Preisanker“ ins Spiel: So muss der Apotheker beachten, dass er kein Arzneimittel abgeben darf, das teurer ist als das vom Arzt verordnete. Je kostengünstigster das verordnete Generikum daher ist, desto geringer die Auswahl der Arzneimittel, die ohne Rücksprache abgegeben werden dürfen, ein die vier kostengünstigsten nicht verfügbar sind.
Auch wenn diese Vorgehensweise sehr kostensparend klingt, so führt sie doch in der Praxis dazu, dass häufige Rückfragen vorprogrammiert sind, weil derzeit zahlreiche Fertigarzneimittel zwar gelistet, tatsächlich aber nicht lieferbar sind. Eine Verordnung wird daher immer dann zum Problemfall, wenn das bis zum Preis des verordneten Arzneimittels keines verfügbar ist. Nach der Kommentierung des Deutschen Apothekerverbandes zum Rahmenvertrages darf der Apotheker - wenn es kein lieferfähiges Arzneimittel gibt, das nicht teurer ist als das vom Arzt namentlich verordnete – nur nach Rücksprache mit dem Arzt den „Preisanker“ überschreiten und ein teureres Arzneimittel abgeben.
Gleiches gilt für den sog. „importrelevanten Markt“: Dieser Bereich ist betroffen, wenn es zu einem Fertigarzneimittel keine Rabattverträge und keine Generika gibt. Der Apotheker ist dann zur Abgabe eines günstigen Imports angehalten, soweit ein solcher existiert. Preisgünstig ist ein Import nach der Definition des Rahmenvertrages, wenn er
1. bei einem Abgabepreis bis 100,-- EUR mindestens 15%,
2. bei einem Abgabepreis von 100 – 300 EUR mindestens 15,00 EUR oder
3. bei einem Abgabepreis über 300 EUR mindestens 5% günstiger ist als das Original.
Der Apotheker ist im importrelevanten Markt verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten mindestens 2% der Kosten für importrelevante Arzneimittel durch die Abgabe von Importen einzusparen. Gelingt ihm dies nicht, so wird ihm die Vergütung um den Betrag gekürzt, um den er das Einsparziel verfehlt hat.
Auch insoweit wird durch die Verordnung des Arztes aber ein Preisanker gesetzt, denn auch im importrelevanten Markt gilt, dass der Apotheker kein Arzneimittel abgeben darf, das teurer ist als das vom Arzt namentlich verordnete. Wenn der Arzt daher selbstständig einen günstigsten Import verordnet, muss auch insoweit eine Rücksprache mit ihm erfolgen, wenn ein kein Import auf dem Markt verfügbar ist, der innerhalb dieser Preisgrenze liegt.
Um ständige Preisdiskussionen mit den Apothekern zu vermeiden, empfiehlt es sich daher aus Sicht der Ärzte, statt der namentlichen Verordnung von Arzneimitteln künftig Wirkstoffverordnungen vorzunehmen. Durch die Regelungen des Rahmenvertrages ist der Apotheker in jedem Fall verpflichtet, ein kostengünstiges Generikum bzw. einen kostengünstigen Import abzugeben, soweit ein solches verfügbar ist. Im Hinblick auf Generika unwirtschaftliche Verordnungen können bei einer reinen Wirkstoffverordnung zu Lasten der Arztes daher nicht von den Prüfgremien geltend gemacht werden.
IK