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AV-Artikel! Wann und unter welchen Bedingungen ist ein Austausch möglich? | 01.12.2022

Diese Fälle kommen immer mal wieder in der Apotheke vor. Der Arzt verschreibt ein Arzneimittel, das nicht mehr vertrieben wird. In solchen Fällen ist es dem Apotheker nicht möglich, das verordnete Arzneimittel abzugeben. Stattdessen muss – abhängig von der konkreten Fallkonstellation – ggf. in Rücksprache mit dem Arzt, nach Alternativen gesucht werden. Um vor Retaxationen vorzubeugen, ist es wichtig, dass der Apotheker weiß, was zu tun ist.

Ist ein Arzneimittel „AV“, d.h. „außer Vertrieb“ gekennzeichnet, bleibt es zunächst weiterhin verkehrsfähig und darf, wenn es in der Apotheke noch an Lager ist, weiterhin abgegeben werden. Auch insoweit bedarf es keiner besonderen Kennzeichnung der Verordnung. Anders als beim Rückruf eines Arzneimittels, ist die Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nicht beeinträchtigt.

Ist das verordnete Arzneimittel jedoch nicht mehr erhältlich, kann dessen Abgabe nicht mehr erfolgen. Denn stellt sich die Frage nach Alternativen:

Ersetzung des verordneten Fertigarzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel:

Unproblematisch möglich ist ein Austausch durch den Apotheker, wenn es Alternativpräparate gibt, die im Rahmen der Regeln zur Abgaberangfolge des Rahmenvertrags zur Abgabe kommen können. Wenn z.B. ein bestimmtes Arzneimittel verordnet wurde, dieses aber nicht mehr verfügbar ist, wäre ein Austausch möglich, der sich im Rahmen der Vorgaben des § 129 Abs.1 SGB V bzw. des § 9 Abs.3 des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V bewegt:

Nach dieser Vorschrift sind Apotheker bei der Abgabe verordneter Arzneimittel an Versicherte zur Abgabe eines preisgünstigen Arzneimittels verpflichtet, wenn der Arzt das Arzneimittel nur unter der Wirkstoffbezeichnung verordnet hat oder die Ersetzung des Arzneimittels durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel nicht ausgeschlossen hat. Ausdrücklich hat der Gesetzgeber insoweit geregelt, dass in diesen Fällen ein Arzneimittel abzugeben ist, das mit dem verordneten in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform besitzt. Soweit Rabattarzneimittel zur Verfügung stehen, sind diese vorrangig abzugeben.

§ 12 des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V legt fest, dass in den Fällen, in denen die vorrangige Abgabe rabattbegünstigter Fertigarzneimittel nicht möglich ist, eines der vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel abzugeben ist. Insoweit ist jedoch ein Präparat, das „außer Vertrieb“ gekennzeichnet ist, nicht mehr bei der Ermittlung der Abgabereihenfolge zu berücksichtigen. Die vier preisgünstigsten Fertigarzneimittel sind unter den verbleibenden Arzneimitteln zu ermitteln. Ein „AV“-gemeldetes Arzneimittel darf aber, wenn es noch zur Verfügung steht, abgegeben werden, wenn es zu den günstigsten 4 Arzneimitteln gehört.

Betäubungsmittel:

Die Grundsätze der Austauschbarkeit sind bei Betäubungsmitteln ähnlich. Auch hier darf ein Betäubungsmittel, das „AV“ gekennzeichnet ist, grundsätzlich noch abgegeben werden, solange es verfügbar ist.

Soweit die Ersetzung durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel im Raum steht, gelten die gleichen Voraussetzungen wie für sonstige Fertigarzneimittel:

Das Alternativpräparat muss

- wirkstoffgleich sein,

- identische Wirkstärke haben und

- die gleiche oder eine austauschbare Darreichungsform haben.

Besonderes Augenmerk ist insoweit der Packungsgröße zu geben. Während bei sonstigen Fertigarzneimitteln ein identischer Normbereich ausreichend ist, besteht bei Betäubungsmitteln keine Möglichkeit, von der verordneten Stückzahl abzuweichen. Betäubungsmittel dürfen nur in gleicher Stückzahl ausgetauscht werden. Eine Abweichung hinsichtlich der verordneten Menge kann nur vom Arzt selbst veranlasst werden.

Kann im konkreten Fall eine zu dem verordneten Arzneimittel wirkstoffgleiche Alternative gefunden werden, die unter Beachtung der Vorgaben zur Austauschbarkeit nach § 129 SGB V abgegeben werden darf, bedarf es keiner Korrektur der Verordnung durch den Arzt. In diesem Fall ist die Verordnung eindeutig bestimmt und die Abgabe durch den Apotheker darf ohne Rücksprache mit dem Arzt erfolgen.

Liegt aber keine eindeutige Verordnung vor, muss die Apotheke Rücksprache mit dem Arzt nehmen. Wenn sich aus diesem Gespräch Korrekturen oder Ergänzungen ergeben, sind diese auf der Verordnung zu vermerken und abzuzeichnen. Sofern das Korrektur- bzw. Ergänzungsdatum vom Abgabedatum abweicht, ist dieses nach § 7 Abs.2 des Rahmenvertrages nach § 129 SGB V zusätzlich anzugeben.

Im Hinblick auf die besondere Situation im Zusammenhang mit Covid-19 wurden zum Teil zusätzliche Erleichterungen geschaffen. Ob bzw. inwieweit diese einschlägig sind, muss im Einzelfall geprüft werden.

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